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Federseeried
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„Im Wald und auf der Heide, da such ich meine Freude, ich bin ein Jägersmann!“

Erstelldatum13.04.2023

Die Jagd ist ein Handwerk mit Tradition, das auch dem Gemeinwohl dient und den Nachhaltigkeitsgedanken lebt.

So beginnt das deutsche Volkslied von Wilhelm Bornemann aus dem Jahr 1816. Doch was bedeutet es eigentlich, in der heutigen Zeit, ein Jägersmann zu sein? Die Bilder, die man im Kopf hat variieren von dem älteren Herrn in Grün, mit Dackel an der Leine, bis hin zum Besserverdiener, der ein Freizeitvergnügen sucht.

Die Bejagung von Tieren erscheint heute zu Recht vielen fragwürdig und teilt die Gesellschaft in zwei Lager. Jedoch wissen Wenige was der Jäger in unseren Wäldern macht. Marko Ziller, Hegeringleiter Bad Schussenried, gewährt einen kleinen Einblick in das Traditionsehrenamt der Jagd. Denn entgegen der gesellschaftlichen Meinung geht es hier nicht nur um das Erlegen von Tieren, sondern, wie der Name uns schon verrät, auch um das Hegen und Pflegen von Wald und Wild.

Nun fragen sich die meisten bestimmt erst einmal: Was genau ist denn ein Hegering?! Ein Hegering ist eine Untergliederung der Jägerschaften auf lokaler Ebene, nach den Kreisjägerschaften die kleinste Organisationseinheit der Jäger. So, da wir diese Frage nun geklärt haben, lasst uns auf die Jagd gehen – natürlich nur nach Informationen.

Die Sehnsucht, durch die Wälder zu streifen und die Natur wieder zu entdecken, ist genau das, was viele dazu antreibt, die Ausbildung zum Jäger zu machen, die liebevoll auch das „grüne Abitur“ genannt wird. Kaum einer hat so ein umfangreiches Wissen über Tiere und Pflanzen, in unseren Wäldern, wie der Jäger. Die Hauptarbeit eines guten Jägers ist seine Präsenz im Revier. Er muss die Wildbestände kennen und den Überblick über sein Revier haben. „Wildmonitoring“ nennt man das heute, womit wohl die Zeit auf dem Hochsitz gemeint ist, verrät uns Herr Ziller schmunzelnd. Um dies richtig zu machen, benötigt man viel Zeit, die die Jäger ehrenamtlich leisten. 60-70% Prozent seiner Arbeit, erklärt Ziller, hätten mit dem Schießen an sich nichts zu tun.

In Deutschland gibt es in den Wäldern fast keine reine Naturlandschaft mehr, sondern eine Kulturlandschaft, die durch menschlichen Eingriff gesteuert wird. So ist es mit den Wildbeständen auch. Die Jäger versuchen, durch bewusstes Schießen von Wild dem Selektionsmaß eines natürlichen Jägers nahe zu kommen, denn Großprädatoren wie Bären und Wölfe gibt es bei uns nicht oder kaum mehr. So fällt die Bestandsregulierung in das Aufgabenfeld eines Jägers. Doch warum muss denn der Bestand kontrolliert werden? Ein wichtiger Punkt ist es Waldschäden zu vermeiden und so die Aufforstung zu verbessern. Denn gerade Rehe verhindern oft durch den „Verbiss“, dass die Wälder hochkommen, in dem sie die jungen Bäume anknabbern. In der heutigen Zeit ist dies durch den Klimawandel noch wichtiger geworden, denn der Altbestand unserer heimischen Bäume wird auf Dauer dem Klimawandel nicht standhalten können. So müssen schon heute Bäume gepflanzt werden, die unserem zukünftigen Klima besser „gewachsen“ sind. Damit die Jungbäume eine Chance haben, zu wachsen, wird der Bestand der Rehe kontrolliert. Oft unterstützen die Jäger auch freiwillig den Förster bei der Pflanzung, legen Ruhezonen im Wald an, pflanzen Hecken oder schaffen Brutplätze für Vögel.

Ein wichtiger Aspekt für die Jäger ist auch die Nachhaltigkeit. Denn erlegte Tiere werden verwertet, soweit es geht und werden damit auch wertgeschätzt. Der Jäger selbst weidet es aus und verarbeitet es weiter zu Lebensmitteln – regionaler geht es nicht.

So ist der Bezug zu Fleisch als Lebensmittel für einen Jäger oft viel bewusster als für jemand der es beim Metzger oder im Supermarkt kauft.

Auch der Seuchenschutz ist ein Grund für die Jagd. Gerade Füchse sind verbreitete Krankheitsüberträger, nicht nur wie angenommen von Tollwut, sondern auch z.B. der Geflügelpest. Und der Fuchs ist nun mal ein Streuner, der weit herumkommt. Aus diesem Grund wird auch hier der Bestand überwacht, denn der Fuchs hat, außer einem Auto, keine natürlichen Feinde hier. Auch die Verbreitung der Räude soll damit verhindert werden, einer schlimmen Krankheit von Füchsen, die daran jämmerlich zu Grunde gehen. Hier geht es nicht um das persönliche Vergnügen, denn oft hat der Jäger keinen persönlichen Vorteil, wenn er das Tier erlegt.

Die ernsthafte Jagd sollte man also durchaus nicht nur als leichtfertiges Erschießen von Tieren beachten, die nur dem Vergnügen dient. Aber ist es wichtig, einiges zu hinterfragen und manches auch zu verbessern. Der Ökologische Jagdverband (ÖJV) hat sich zum Ziel gemacht, eine Alternative zur traditionellen Jagd, wie sie heute von konservativen Jagdverbänden verteidigt wird, aufzuzeigen und durchzusetzen. Dazu gehört zum Beispiel eine verstärkte Zusammenarbeit mit Natur- und Tierschutzverbänden, keine Winterfütterung des Wildes, um Überpopulationen zu vermeiden, verkürzte Jagdzeiten, um den Stress für das Wild zu reduzieren und Ablehnung der Fallenjagd. Man ist also auch hier auf Fortschritt und Anpassung an die heutige Zeit bedacht.

Sicherlich eröffnet sich einigen hier ein neuer Blick auf das Waidwerk der Jagd, ein Handwerk mit Tradition, das auch dem Gemeinwohl dient und den Nachhaltigkeitsgedanken lebt. Nachhaltigkeit, Handwerk und Tradition – drei Ansätze, die genau das Widerspiegeln, was Cittaslow ausmacht. Die Stadt Bad Schussenried ist Teil des internationalen Markenzeichen Cittaslow, die Vereinigung lebenswerter Städte. Cittaslow Städte entwickeln wertvolle Naturräume, stehen für Lebensqualität und Nachhaltigkeit und pflegen überlieferte Traditionen. Auch der Hegering Bad Schussenried trägt dazu bei, den Cittaslow-Gedanken weiterzutragen. Das Weitergeben von Traditionen ist gerade in der heutigen Zeit ein hohes Gut und es ist schön, wenn sich Ehrenamtliche hierfür engagieren. Die Jagd ist sicher nicht jedermanns Sache, aber es steckt doch wesentlich mehr dahinter, als man glaubt. Und wer zufällig in den Genuss der Klänge der Jagdhornbläser mitten im Wald kommt, der sollte getrost stehen bleiben und sich dem Zauber der Musik mitten in der Natur hingeben, zu dem die Jäger ihren Teil beitragen.

 

Wenn sich die Sonne neiget,

Der feuchte Nebel steiget,

Mein Tagwerk ist getan …